Karbener LiteraturTreff e.V.



Thema: Länder in der Literatur: Spanien und Portugal
Tag: 26.02.2014
Ort: KUHtelier, Karben
Zeit: 19.30 - 20.00 Uhr
Anwesende: ca. 35 Personen und Pressevertreter

Begrüßung durch Hans-Martin Thomas.
Robert Axt, als Moderator, führte in das Thema des Abends ein. Er stellte fest, dass der LiteraturTreff Karben bisher unter "Länder in der Literatur" Frankreich, Russland, England, Italien, Orient, Lateinamerika, östliche Nachbarländer behandelt habe.
Als Erste berichtete Rosi Cordsen-Enslin über die spanische Literaturpreisträgerin Carmen Martin Gaite, die am 8.12.1925 in Salamanca geboren wurde und am 22.7.2000 in Madrid verstarb. Sie war als Schriftstellerin, Übersetzerin, Drehbuchautorin und Journalistin tätig. Anfang der 50er Jahre hatte sie erste literarische Erfolge mit Kurzgeschichten und bekam 1954 den ersten Literaturpreis. In dem Roman "Durch Gardinen" beschrieb sie die spanische Lebensart während der Franco-Diktatur. Ihr bekanntestes Buch ist "Das Hinterzimmer" In ihren Romanen behandelt sie ausführlich die spanische Geschichte und stellt ihr sozialkritisches Engagement in den Focus. Aus einem Aufenthalt in den USA resultiert der Roman "Rotkäppchen in Manhattan".
Den spanischen Schriftsteller und Politiker Vicente Blasco Ibánez stellte Robert Axt mit dem Roman "Der bilnde Passagier" vor. Blasco Ibánez wurde am 29.1.1867 in Valencia geboren und verstarb am 28.1.1928 in Menton/Frankreich. Seine Werke haben eine starke Verbindung zum französischen Naturalismus. Er wollte vor allem soziale Missstände anprangern. Durch seine einzig- artige Vorstellungskraft und detaillierte Beschreibungen von Landschaften und Menschen wurde er zum letzten wirklich großen Autor des Realismus im 19. Jahrhundert..
In dem vorgestellten Roman "Der blinde Passagier" erzählt Blasco Ibánez eine Ge- schichte von armen Leuten, von einem Mann, der kein Geld hat. Da er weit weg von seiner Familie arbeitet und sie jede Woche gerne sehen möchte, fährt er ständig mit dem Zug ohne Ticket zur Familie. Er ist eine bescheidener Mann. Er riskiert nicht nur, erwischt zu werden sondern auch sich durch das Auf- und Abspringen am Zug in Lebensgefahr zu bringen. Er wird vom Zugpersonal erwischt, kann aber entkommen. Ob der Zeitungsartikel, der von einer Person berichtet, die vom Zug überfahren wurde, auf ihn zutrifft, ist nicht erwiesen.
Walter Enslin referierte über den spanischen Schriftsteller Rafael Chirbes, der am 27.6.1949 in Tavernes bei Valencia geboren wurde. Mittelpunkt war der Roman "Der Fall von Madrid". Dazu wurden ausführlich die geschichtlichen Hintergründe von Beginn und Ende der Franco-Jahre dargestellt.
Der behandelte Roman beschreibt einen einzigen Tag, den 19.11.1975, den Tag vor dem Tode Francos. Geschildert wird dieser Tag des Umbruchs im Leben mehrerer Personen aus verschiedenen sozialen Schichten. Die Darstellung der Charaktere und ihrer Beweggründe soll dabei nicht nur den Vortag des Machtwechsels beschreiben, sie gibt auch Einblick in die spanische Gesellschaft der Gegenwart.
Chirbesī Roman "Das Krematorium" schildert die Geschichte einer spanischen Familie vor dem Hintergrund des Immobilien- und Tourismusbooms um die Jahrtausendwende.
Nach der Pause sprach Robert Axt über den portugiesischen Schriftsteller Miguel Torga, den "Dichter aus Portugals Norden". Er lebte von 1907 - 1995 und war Arzt, Lyriker und Romancier. R.Axt erzählte - sozusagen als Zwischenbemerkung - dass die Portugiesen den Spaniern mit gewissen Vorbehalten begegnen würden. 60 Jahre unter spanischer Herr- schaft sind nicht so leicht zu vergessen. Zudem bestehen zwischen beiden Sprachen starke Unterschiede. Torga kam aus einfachen Verhältnissen, war zuerst im Priesterseminar, studierte später Medizin und war auch als Arzt tätig. Er stand in starker Opposition zum Salazar-Regime und saß im Gefängnis. Er schrieb Gedichte, Erzählungen, Romane. 1989 wurde er mit dem portugiesischen Literaturpreis Premio Canoes ausgezeichnet. Torgas Geschichte "Schicksale" erzählt von einem jungen Mädchen (Natalia) und einem Burschen auf dem Lande, die sich mögen. Ein Kirschbaum hatte "ihre Herzen zueinander gebracht". Er ist von ihrer Körperlichkeit fasziniert. Sie ging ihm nicht aus dem Sinn. Sie wartete praktisch darauf, dass er den ersten Schritt tun möge. Den wagte er nicht. Es fehlte ihm an Entschlusskraft. Auch der Anschub seiner Mutter fruchtete nicht. Fazit: Sie heiratet am Ende einen anderen.
Angela Klein-Esselborn berichtete über die portugiesische Schriftstellerin Lidia Jorge, die am 18.6.1940 in Boliqueime/Port. geboren wurde. Ihre Jugend verbrachte sie als Einzelkind bei ihrer Mutter u.a. weiblichen Familien- mitgliedern. Alle Männer, Großvater, Vater und dessen Brüder waren ins Ausland abge- wandert. Sie studierte später in Lissabon Romanistik. Schon ihre beiden ersten Romane, die 1980 und 82 erschienen, wurden zu Hauptwerken der neueren portugiesischen Literatur. Sie erhielt einige Literaturpreise. 2007 bekam sie für ihr Lebenswerk den Literaturpreis Grande Prémio SPA/ Millenium.
Der Sammelband "Samstag um acht" mit Geschichten portugiesischer Autorinnen gibt Einblick in die zeitgenössische portugiesische Literatur. Darin ist Lidia Jorge mit der Erzählung "Antonio" vertreten.
Die Geschichte spielt im Damen-Friseur-Salon von Antonio. Sie beschreibt seine besondere Art des Frisierens und der Haargestaltung in Abhängigkeit von der Sympathie, die er zu seinen Kundinnen hat. Der Salon ist bei den Frauen der Gesellschaft sehr beliebt, trotz der manchmal merkwürdigen Methoden Antonios.
Zum Abschluss berichtete Robert Axt noch über den portugiesischen Dichter Francisco Alvarez de Nóbrega, genannt "Der Dichter aus Madeira". Er wurde am 301.11.1773 in Machio geboren und starb1806 in Lissabon. In seinem Geburtsort gibt es eine Gedenkstätte.
Er galt als einer der originellsten Dichter seiner Zeit. Er war ein wahrer Freigeist, der nicht zögerte, seine Ansichten oft im Gegensatz zur herrschenden Moral zum Ausdruck zu bringen. Die Offenheit seiner Ideen brachte ihm durch die Hl. Inquisition auch Kerker ein. Viele seiner Werke wurden vernichtet. Trotzdem haben wichtige, qualitativ gute Werke - vor allem Gedichte - überlebt. Der Dichter wählte 1806 den Freitod.
R. Axt trug im Anschluss ein eigenes Gedicht über Madeira vor.
Zwischen den Vorträgen im ersten Teil sangen Rosi und Walter Cordsen-Enslin die Lieder "Tres Hojjitas" und "Muerte de un Burro" sowie "Paloma de la Paz". Portugiesische Musik begleitete den zweiten Teil des Programmes.

Herr Thomas bedankte sich zum Abschluss bei den Vortragenden dieses erfolgreichen Abends und verweist auf unseren nächsten Termin am 26. März mit der Stadtschreiberin von Bergen, Frau Angelika Klüssendorf als Gastleserin.

Fritz Böhner