Karbener LiteraturTreff e.V.



Bericht vom 23. Februar 2017


Literatur und Kabarett
Ort: KUHtelier, Groß Karben
Zeit: 19.05 - 21:35 Uhr
Anwesende: 50 Personen

Hans-Martin Thomas begrüßt die Gäste, Dieter Körber führt durch das bunte Programm des heutigen Abends. Er gibt zunächst einen kurzen Überblick über die Entstehung des Kabaretts. Das erste Cabaret eröffnete 1880 in Paris. Es war das "Chat noir", das schnell zum Treffpunkt aller Künstler wurde. In Deutschland gewann das Kabarett ab 1900 an Bedeutung. Der erste Star war Otto Reutter mit seinen Couplets, die noch heute beliebt sind. Während der beiden Weltkriege war jegliche öffentliche Kritik an Politik verboten, Kabarettisten wurden in der Hitlerzeit inhaftiert und in Lagern umgebracht. Nach dem Krieg befasste sich das politische Kabarett der jungen Bundesrepublik mit Themen wie ‚Wiederbewaffnung und atomare Aufrüstung'. In den 60er-Jahren machte das Fernsehen Kabarettensembles im ganzen Land bekannt, so dass sich das politische und literarische Kabarett entwickeln konnte. Das politische Kabarett bezeichnet die zeitnahe, pointierte Kritik am Zeitgeschehen, das literarische Kabarett thematisiert die allgemein menschlichen Schwächen und Neigungen.
In bunter Mischung folgen nun humorvolle Verse, satirische und ironische Texte, kritische Anmerkungen, Sketche und Couplets.
Claudia Weishäupl beginnt mit Gedichten des kritischen Frankfurter Dichters Friedrich Stoltze, der in seinem Leben genügend Probleme und Steine gewälzt hat, so dass er auf seinem Grab keinen Stein mehr braucht. Und wer kennt nicht aus dem Gedicht an seine Heimatstadt "Frankfurt" die Zeilen: "Es will mer net in de Kopp enei, wie kann denn en Mensch net aus Frankfort sei", erschienen 1880 in der Zeitschrift "Laterne".


Von dem bekannten Otto Reutter , der in den 20er-Jahren mit seinen Couplets auftrat, hören wir von Almut Rose zwei kritische Gedichte. "Die frühere Welt" beschreibt die frühere Zeit, in der man mit Öllampen Licht machte, heute gibt es elektrische Glühbirnen, früher traf man mit der Kanone einen Soldaten, heute fallen auf einen Streich viele. Das zweite Gedicht heißt "Ich wundere mich über gar nichts mehr", so wundert er sich nicht, dass die Seife im Jahre 1917 von Stunde zu Stunde teurer wird.




Walter Enslin begleitet sich auf seiner Gitarre zu zwei Liedern. Das erste ist ein Protestlied und stammt von Wilhelm Weidling, einem kritischen Geist aus dem 19. Jh. "Wohl dem, der für die Dummheit glüht", der Dumme ist immer mit allem einverstanden . Das zweite Lied stammt von dem Kabarettisten Wolfgang Neuss "Die Erde läuft gut". Es gibt nur kleine Fortschritte auf der Erde, trotzdem ist alles gut.
Wehners Abschiedsrede , verfasst von Dieter Hildebrandt, wird von Dieter Körber vorgetragen. Da Wehner bei seinem Abschied keine Rede halten wollte im Bundestag, hat Dieter Hildebrandt kritische Gedanken aufgeschrieben. Von dem Großmeister des Spotts und der Satire Kurt Tucholsky hören wir verschiedene Beiträge : Robert Axt trägt "Zur soziologischen Psychologie der Löcher" vor. Manche Löcher sind nützlich (Knopfloch), andere entwerten (Loch im Fahrschein).
Den Prosatext "Befürchtung" , vorgetragen von Fritz Böhner, erläutert Tucholskys Angst vor dem Sterben, er hat es noch nicht geübt.
In "Ignatz Wrobel, Weltbühne 40", vorgetragen von Claudia Weishäupl, werden die Parteien und die Parteiwirtschaft kritisch geprüft.
Gedanken über die Menschheit trägt Almut Rose mit den humorvollen, spöttischen Ausführungen "Der Mensch" vor. Der Mensch wird zwar natürlich gemacht, aber er spricht nicht gern darüber.

Auch Erich Kästner darf in unserem humoristischen Reigen nicht fehlen. Er wurde bekannt mit seinen Kinderbüchern, aber auch mit kritischen und humoristischen Gedichten. Barbara Metz verrät uns mit dem Gedicht "Brief an meinen Sohn", dass er sich einen Sohn wünscht mit Fähigkeiten und Eigenschaften, wie er sich das denkt. Das zweite Gedicht "Kennst du das Land wo die Kanonen blühn" erklärt, dass man dort nicht als Zivilist geboren wird, dort steht man still. Auch von Barbara Metz hören wir "Die Entwicklung der Menschheit" ‚ Einst haben die Kerls auf den Bäumen gehockt', sie haben gelernt und sich entwickelt, aber ‚im Grunde sind sie immer noch dieselben Affen'.
Hans-Martin Thomas macht uns mit Fritz Graßhoff vertraut, einem Dichter aus einfachen Verhältnissen, sein Vater war Kohlenhändler. So ist seine Lyrik auch grob und deftig. "Kawenz oder das Objekt im Grab" Kawenz verkauft die Leichenteile der Gräfin Nettelbeck. "Nettelbeck oder die letzte Möglichkeit" erzählt, wie Nettelbeck aus dem Gefängnis floh und der Polizei entwischte. Im Zug ist er durch den Toilettenabfluss gerutscht. "Die Winde des Herrn Prunzelschütz" gehören zu einem sagenhaften Ritter, der sich mit seinen ‚Winden' verteidigt.




Zwei Sketche von Loriot nehmen die menschlichen Verhaltens- weisen aufs Korn und bringen uns immer wieder zum Lachen. "Das Frühstücksei und der Fernseh- abend" wurden gekonnt gespielt von Ingrid Axt und Fritz Böhner.





Aus Erika Manns Kabarett "Die Pfeffermühle" singen Ingrid und Robert Axt, begleitet von Dieter Wierz, eine Ballade "Die Dummheit" , angelehnt an den Song "Mackie Messer".




Auch der "Buchbinder Wanninger von Karl Valentin wird in einem Sketch gekonnt dargeboten von Barbara Metz und Dieter Körber. Der Buchbinder Wanninger hat die in Auftrag gegebenen Bücher fertig gebunden und möchte sie ausliefern. Mit der Sekretärin will er einen Termin vereinbaren, aber viele Ansprechpartner müssen zuvor gefragt werden. Geduldig lässt er sich weiter verbinden . Ähnlich wie bei den aktuellen Anrufen bei Versicherungen und Ämtern soll der Anrufer beim "Discount-Sex", vorgetragen von Barbara Metz, bestimmte Nummern wählen, damit sein Wunsch erfüllt wird. Letzendlich ist sein Anruf erfolglos, weil die Verbindung unterbrochen wird.

Die musikalischen Darbietungen werden von der charmanten Nicola Piesch gesungen, die von Dieter Wierz auf dem Akkordeon und Klavier begleitet wird. Begeistert war das Publikum von den Songs "Cabaret, Non, je ne regrette rien, Aux Champs Elysée und On the sunny side of the street".





Dieter Körber hat den Abend vorbereitet und moderiert. Mit einem herzlichen Dank an alle Mitwirkenden verabschiedet er die Gäste. Unser nächstes Treffen ist







am Donnerstag, 30. März 2017 um 19:00 Uhr im KUHtelier
zum Thema "Länder in der Literatur - CHINA"


Renate Gasser