Karbener LiteraturTreff e.V.



Bericht vom 29. Juni 2017


"Frauenschicksale"
Ort: KUHtelier, Groß Karben, im Schlosshof von Leonhardi
Zeit: 19.00 - 21:30 Uhr
Anwesende: 45 Personen und Pressevertreter

Dieter Körber, 2. Vorsitzender des LiteraturTreffs, begrüßt die Gäste zum letzten Literaturabend vor der Sommerpause. Das Thema "Frauenschicksale" haben vorbereitet Rosie Enslin, Claudia Weishäupl und Renate Gasser.






Die musikalischen Beiträge hat Walter Enslin eingeübt, der sich mit der Gitarre zu den Liedern begleitet. "The banks of Ohio" schildert einen grausamen Mord am Ufer des Ohio,
"Sally garden" auch gesungen von Rosie und Walter Enslin, ein beliebter Treffpunkt der Verliebten unter Weidenbäumen und die Liebe besingenden "Rosenvariationen von Brecht".




Die Moderation übernimmt die Mitorganisatorin Renate Gasser, sie begleitet klug kommentierend durch das Programm des Literaturabends.



Claudia Weishäupl führt aus, warum Frauen als das "schwache Geschlecht" angesehen wurden oder werden. Die Gründe liegen in den Vorschriften der Religion in den gesellschaftlichen Regeln sowie in der körperlichen Kraft und der angeblichen intellektuellen Überlegenheit des Mannes. Es dauerte Jahrhunderte, bis eine Gleichberechtigung von Mann und Frau gesetzlich verankert wurde (1949 im Grundgesetz der BRD). Auf dem langen Weg der Emanzipation gab es viele mutige Frauen, die ihre Interessen öffentlich vertreten haben, wie z. B. Elly Beinhorn (Fliegerin), Mileva Einstein, die mit ihrem Mann heftige Diskussionen über mathematische Theorien führte. Auch Malaya aus Pakistan wurde ein Opfer, weil sie sich für die Bildung der Mädchen eingesetzt hat. Frauen leiden auch unter Folter und Einschränkung der persönlichen Freiheit.


Heidi Walter stellt uns Christine de Pizan vor, die schon um 1400 für die Rechte der Frauen kämpfte. Sie wurde 1365 als drittes Kind eines Astrologen in Venedig geboren und wurde von Hauslehrern unterrichtet. Mit 15 Jahren heiratete sie einen zwölf Jahre älteren Mann und bekam drei Kinder. Leider verstarb der Ehemann sehr früh, so dass sie gezwungen war, die Familie selbst zu ernähren. Sie machte ihre schriftstellerischen Fähig-keiten zum Beruf und setzte sich vehement für die Rechte und das Ansehen der Frauen ein. Daher wird sie als erste Feministin bezeichnet. Ihr aus heutiger Sicht interessantestes Werk ist "Das Buch der Frauen". 1430 ist sie in Frankreich gestorben.

Von einer anderen tapferen Frau hören wir von Rosie Cordsen-Enslin. Sie erzählt über Elizabeth Barrett Browning, die 1806 als älteste Tochter in Durham geboren wurde. Leider verstarb die Mutter sehr früh. Zunächst hatte die Familie ein gutes Einkommen von den Zuckerplantagen in Jamaica, was sich änderte, als sie Jugendliche war. Sie war lungenkrank und hatte einen schweren Reitunfall, der sie an den Rollstuhl fesselte. Oft allein und einsam in ihrem Zimmer, begann sie zu schreiben Gedichte, Essays und zärtliche Liebesgedichte. 1845 begegnete sie Robert Browning, mit dem sie täglich Briefe wechselte. Nach zwei Jahre floh die sterbenskranke Elizabeth mit Robert nach Italien, wurde völlig gesund und bekam einen Sohn. 1861 starb sie in Florenz. Kritiker erklärten Elizabeth zur größten Dichterin und zur Heldin der Leidenden.

Aus Berlin ist zu uns angereist Monika Fielitz (geboren 1942). Über das Leben von Monika Fielitz informiert uns Dr. Otto Patzelt. Die gelernte Bauingenieurin wurde zu einem künstlerischen Multitalent. Sie begleitete den Bau des Bundestagsgebäudes fotografisch, ist Bildhauerin und Malerin, sowie Europameisterin im Degenfechten. Nun hat sie ein Buch geschrieben über das Leben ihrer Mutter Leonie mit dem Titel "Ich komm'und weiß nicht woher". Die Schwangerschaft der unverheirateten Großmutter war eine gesellschaftliche Schande und sollte vertuscht werden. Die junge Frau musste das uneheliche Kind in Kaltennordheim (Thüringen) heimlich zur Welt bringen und es einer "Engelmacherin" übergeben. Der Plan war, es in Paris in einem Kloster unterzubringen. Bei einem Zwischenaufenthalt in Berlin hat ein kinderloses Ehepaar das halb verhungerte Baby aufgenommen. Zwei beeindruckende von Monika Fielitz gemalte düstere Bilder lassen die Seelenqualen ahnen.

Barbara Metz widmet sich einem außergewöhnlichen Thema, nämlich der weiblichen Unterwürfigkeit. Der Roman "Die Geschichte der O" von Pauline Réage, Pseudonym von Dominique Aury, geboren 1907 in Rochefort, gestorben 1998 in Corbeil-Essonnes, erregte ungeheures Aufsehen. O steht für Obsession, d.h. Unterwerfung. Wenn eine Frau wirklich liebt, gibt sie ihren Stolz und ihren Willen auf und unterwirft sich dem Geliebten. P. Réage thematisiert anormale erotische Phantasien, verwendet aber keine pornografischen Ausdrücke. Erst 1994 gab Aury preis, dass sie die Autorin des Buches war, die Entrüstungen hatten sich bis dahin gelegt.

Die bekannte französische Feministin Simone de Beauvoir (1908 - 1986 geboren und gestorben in Paris) stellt Dieter Körber vor. Die politisch engagierte Schriftstellerin gilt als Vertreterin des Existenzialismus. Ihr literarischer Durchbruch gelang ihr 1943 mit "Sie kam und blieb" und "Das Blut der Anderen". Als Gesandte der Linksintellektuellen unternahm sie viele Reisen in alle Welt. Sie war überzeugte Atheistin und Marxistin und handelte dort, wo die Freiheit zu erkämpfen war. 1949 erschien ihr Buch "Das andere Geschlecht" . Das traditionelle Bild der Frau und Mutter brach Simone de Beauvoir auf, auch mit dem Vorurteil des Mutterglücks brach sie. Ihre These "Das Geschlecht ist nicht biologisch sondern anerzogen" sorgte für heftige Diskussionen. Ihr Buch "Die Mandarins von Paris" (1954) wurde preisgekrönt mit dem Prix Goncourt. Es gilt als Schlüsselroman zur Situation der Linksintellektuellen in Frankreich.

Fritz Böhner schildert mit seinem Beitrag "Das Frauenhaus als Zufluchtsort" die aktuelle Situation einiger Frauen. Die Reportage von Madeline Baumeister berichtet, dass geprügelte, vergewaltigte und misshandelte Frauen mit ihren Kindern im Frauenhaus Zuflucht finden. Gewalt fängt oft mit Eifersucht beim Mann an. Er beginnt, die Frau sozial zu isolieren, kontrolliert sie und gibt ihr das Gefühl, nichts richtig zu machen. Dann wird er aggressiv und gewalttätig. Dann zeigt der Täter vermeintliche Reue, entschuldigt sich und die Spirale beginnt von neuem.


Mit einem herzlichen Dank verabschiedet Dieter Körber alle Mitwirkenden. Im LiteraturTreff ist nun bis zum 1. September Sommerpause. Wir starten in das 2. Halbjahr mit einem Sommerfest am Freitag, 1. September 2017




Renate Gasser